Montag, 11. August 2008

Trekanten i Trollheimen - Wandern in Norwegen

Wie schon in einem früheren Post erwähnt hatte ich die ganze Zeit noch geplant einen der Nationalparks bzw. großen Wandergebiete zu besuchen. Diesen Wunsch habe ich in der letzten Woche dann umgesetzt: Zusammen mit Andy bin ich "Das Dreieck" in Trollheimen gewandert (http://www.turistforeningen.no/english/trip.php?tp_id=7591&fo_id=3987). Das ist eine der klassischen Wanderstrecken in Norwegen und besteht aus drei bewirtschafteten Hütten und dazwischenliegenden markierten Pfaden durch Trollheimen, das Hausgebirge Trondheims.

Doch erst mal ein paar Worte zum Wandern in Norwegen vorweg. Norweger sind unheimlich Outdoor-begeistert, es gehört geradezu zum Selbsverständnis der Norweger, besonders der älteren Generation, sich zu jeder Jahreszeit im Freien zu bewegen, sei es zu Fuß, mit Kanu, Fahrrad oder Ski, hauptsache "Friluftopplevelse" =Frischlufterlebnis. Daher ist es nicht verwunderlich, daß es in Norwegen einen der (den?) wohl größten Wandervereine der Welt gibt, den DNT = Den Norske Turistforening mit ca. 210.000 Mitgliedern(=5% der Bevölkerung). Der DNT betreibt über Ortsgruppen ca. 20.000km markierte Wanderwege und eine große Anzahl Hütten die immer so eine Tageswanderung auseinander liegen. Manche sind das ganze Jahr über bewirtet, andere sind Selbstbedienerhütten oder nicht mit Essen ausgestattet. Die Mitgliedschaft gibt einem Rabatt bei Übernachtungen und Essen und auch für Kinder und Studenten sind die Leistungen billiger. Vor allem ist das Ganze recht billig für norwegische Verhältnisse, 35€ kostet die Jahresmitgliedschaft für Studenten, das hat man bei drei Übernachtungen schon wieder raus. Aber jetzt genug der Einleitung, rein ins Geschehen:

Tag 1: Trondheim-Oppdal-Festa-Gjevilvasshytta
Wir hatten uns dafür entschieden nur das Abendessen auf den Hütten zu nehmen und den restlichen Proviant aus Kostengründen selbst mitzubringen, also gings am Mittwoch morgen hoch bepackt mit dem Zug nach Oppdal und weiter mit dem Zug nach Festa. Von dort sind wir dann die ersten 12km über Asphalt und Schotter zur ersten Hütte, der Gjevilvasshytta, gewandert. Ein kleiner Trip zum Warmwerden also. Die Hütte ist die älteste im ganzen DNT Netz (eingetragen ab 1819, die ältesten Baumstämme stammen von 1739) und soll eine der Schönsten sein, da fehlen mit natürlich etwas die Vergleichsmöglichkeiten... Die Lage ist auf jeden Fall super, oberhalb des Gjevilvassvatnet mit Blick auf die ersten Ausläufer von Trollheimen. Großes Highlight: An eben jenem See gibt es einen Sandstrand, mein erster in Norwegen! Auf den Hütten wir extra nur traditionelle norwegische Kost serviert, so konnte wir uns am Abend dann an Kartoffeln, pürierten Kohlrabi, Würstchen und gekochtem Lamm satt essen. Diese warmen Mahlzeiten sollten wir noch zu schätzen lernen. Nach dem Essen haben wir dann noch kurz den Sandstrand besichtigt und sind dann ins Bett, den am nächsten Morgen stand die längste Tour unserer Wanderung, von der Gjevilvasshytta zur Trollheimshytta an.

Tag 2: Gjevilvasshyta - Trollheimshytta übers Mellomfjell
Wecker um 7:30, Vorhänge zurückgezogen, strahlender Sonneschein. Deluxe! Gefrühstückt , bezahlt, nen kurzen Eintrag im Gästebuch hinterlassen und auf ging es. Angefangen bei 600m ging es erst mal hoch auf 1100m, mit ner super Aussicht zurück über den See (die Baumgrenze liegt hier so bei 950m). Vor uns immer den Blaho mit 1671m an dem wir seitlich vorbeigeklettert sind. Beim Aufstieg wurden wir nach und nach von zwei Ehepaaren so Mitte fünfzig und zwei Jungs so um die 14 überholt. Da gilt es einen gewissen Humor an den Tag zu legen, schliesslich sind das Norweger und die spielen in einer gaaaanz anderen Liga. Hinterm Blaho sind wir dann an zwei Geirgsseen vorbei, aber nicht ohne eine wohlverdiente Rast einzuschieben. Weiter gings dann über ein Schneefeld und den Pfad hoch zum höchsten Punkt der Tour, Rian bei 1320m. Bei Aufstieg fragt man sich wirklich ob die Norweger komplett verrückt geworden sind oder eigentlich von Bergziegen abstammen, was hier einer der bekanntesten Wanderwege ist würde in Deutschland wahrscheinlich wegen zu großer Gefahren nicht TÜV-abgenommen, leider. Denn die Aussicht von dort oben war schon spektakulär. Links liegt das Snotamassiv, 1620m hoch und eigentlich das Ziel unserer nächsten Tagesetappe (dazu später mehr) und rechts kann man über das innere Trollheimen blicken. Leider auch auf den bevorstehenden steilen Abstieg, aber da muss man durch. Mit Pausen gings dann weiter, an Bergssee vorbei, über Schneefelder (ich denke manche davon schmelzen auch bis zum Winter nicht mehr, sind damit doch eigentlich Gletscher, also Gletscher kann von Liste gestrichen werden...) und Geröllfelder, immer die gelbe Backsteinstraße entlang (Insider). Bis wir schliesslich Stallen erreicht hatten. Auf 1200 Meter öffnete sich da eine der spektakulärsten Aussichten, die ich in meinem Leben gesehen habe (ich hoffe ich kann das in Photoshop oder so zusammensetzten). Snota und all die anderen Schnee bedeckten kargen Wipfel im Westen, vor uns 700 Meter tiefer das bewaldete Tal mit Flüssen die von allen Seiten kommen und in den Grasjoen (See) münden und im Osten die zwei Gipfel von Trollhetta, auch so 1600m hoch. Supergeil.
Dazu noch ein durchscheinender Regenbogen vom vorherigen Schauer und eine Tafel Schokolade. Deluxe.
Von da ging es dann noch so anderthalb Stunden den Berg wieder runter, über zwei Brücken zu Trollheimshytta. Da war es auch gut gewesen, denn unsere Erschöpfung war nur noch mit Humor zu kompensieren. Allerdings: Die Route war ohne Pausen mit 8Stunden angegeben, wir haben es mit Pausen in 7:50 geschafft!
Trollheimshytta liegt wie gesagt im Tal, Strom gibt es vom Generator, beliefert wird die Hütten per Helikopter (das haben wir selbst erlebt) und es gibt nur Plumpsklos, die aber in hoher Qualität.
Das Beste war aber die warme Dusche, Wasser aufgeheizt mit Holz. Danach ging es uns da schon wieder weitaus besser, nach dem Abendessen und dem obligatorischen Bier (übrigens mein teuerstes bis jetzt, 9€ für ein 0,5 Dosenbier) taten die Beine auch nicht mehr ganz so weh. Vor allem nicht bei Herr der Ringe - Die zwei Türme auf norwegisch am Kamin. Da lässt es sich leben. Leider zog es sich im Laufe des Abends ziemlich zu, es fing an zu regnen und wurde nebelig. Die Wettervorhersage sprach von Regenschauern und eventuell Gewitter am nächsten Tag. Da Andys Knie auch schon erste Ermüdungserscheinungen zeigte haben wir auf die Wanderung auf Snotas Gipfel leider verzichtet. Für den nächsten Tag wollte er die Route durchs Tal nehmen, während ich mir dachte die 8-10Stunden Tour über die Gipfel von Trollhetta in Angriff zu nehmen. Davon wurde mir aber aufgrund des Wetters abgeraten, so werde ich nie erfahren ob ein deutscher Körper diese urnorwegische Strapaze durchstehen kann ;)

Tag 3: Trollheimshytta - Jodalshytta über Geithetta
Wecker wieder auf 7:30, Vorhang auf, Nebel, Dreck! Von den drei möglichen Touren für diese Strecke hatten wir uns den Weg über Geithetta ausgesucht, der Weg durchs Tal erschien uns dann doch zu langweilig. Also nach den Frühstück schnell los, schliesslich lagen als Erstes 800m Aufstieg vor uns. Und die hatten es in sich. Immer steiler ging es hoch in den Nebel, nach kurzer Zeit war das Tal nicht mehr zu sehen. Dann fing es noch ein wenig an zu regnen, perfektes Wetter also. Aber davon und von dem üblen Terrain liessen wir uns nicht aufhalten, und so durchbrachen wir so auf 1200m den Nebel und konnten uns kurz sonnen. Bis da waren wir aber wieder einmal erniedrigt worden: Zwei ältere Damen, ich würde sie mal so auf 60 Jahre schätzen, haben uns auf dem Weg nach oben tatsächlich überholt. Ich weiß nicht wie die das machen, vielleicht schärfen 40 Jahre wandern die Sinne und erhöhen die Trittfestigkeit, einfach unglaublich. Nach 2 Stunden Aufstieg hatten wir dann endgültig den Gipfel des Geithetta erreicht und wollten den Blick auf Trollhetta geniessen, leider gab es aber nur Wolken und gelegentliche Umrisse zu erkennen. Von da an ging es dann langsam runter, zwischenzeitlich immer mal wieder kleine Teile von Trollhetta im Blick. Leider war das Wetter alles andere als einladend und so habe ich mich ziemlich unter meine Kaputze zurückgezogen und mich auf den Weg konzentriert, also eher weniger Panorama erlebt. Über Hochebenen weiter runter bis zum Fluss und weiter zur Jodalshytta. Am Ende kam sogar nochmal die Sonne raus und hat uns etwas gewärmt. Diese Strecke war mit 6 Stunden ausgezeichnet, 7 haben wir gebraucht und große Pausen haben wir aufgrund des schlechten Wetters nicht gemacht. Da war wohl viel Pulver schon am ersten Tag verschossen worden. Eine warme Dusche und das Abendessen hat aber Vieles wieder geradegerückt. An dem Abend haben wir uns noch länger mit mehreren Norwegern unterhalten. Wir saßen so mit 40 Leuten im Kaminzimmer, die Stimmung war total gemütlich. Und die Norweger erzählen davon, wie sehr sie dieses Freiluftleben schätzen und wie schade es ist, daß sich immer weniger junge Leute dafür begeistern können. Ich muss sagen es wäre super schade, wenn diese Lebenseinstellung aufgrund von Fast Food und Playstations langsam aussterben würde. Man muss sich mal klarmachen, alle Hütten und Wege werden mehr oder weniger durch Freiwillige in Schuss gehalten, wenn da kein Nachwuchs nachkommt bricht das System schnell zusammen. Dabei liebt jeder Norweger den ich auf dieser Tour getroffen habe seine Berge und die Bewegung so. Kein Wunder, daß es hier noch so viele gesunde alte Leute gibt, Frischluft konserviert ;)

Tag 4: Jodalshytta - Gjevilvasshytta
Leider war auch an diesem Tag das Wetter nicht so ganz auf unserer Seite, wenn die Sonne sich doch öfter gezeigt hat. Das Gelände war eigentlich im Vergleich zu den vorherigen Tagen relativ flach und so zogen wir guten Mutes los. Denn leider plagten uns zu diesem Zeitpunkt schon ein paar Wehwehchen: Andys Knie, meine Archillessehnen, man ist keine 18 mehr ;) So waren wir ganz froh über das flache Gelände zum Warmwerden, bevor es dann wieder hoch auf die Hochebene ging.
Dort dann der Supergau: Wir sehen so 200 Meter entfernt zwei Tiere rumstehen, eins weiß eins schwarz. Dem Mitteleuropäer ist da schnell klar: Kühe. Aber weit gefehlt. Abends haben wir erfahren, daß wir Rentiere gesehen haben. Hätte wir das nur gerafft wären wir natürlich noch näher rangegangen...
Der Weg ging weiter über eigentlich einfaches Terrain, nur das der Weg an sich der absolute Horror war: Schlamm, Steine, Wurzeln, Steine, nochmehr Steine, Schlamm, etc. Kein Spaß. Vor allem nicht für Mr. Knie und Mr. Archillessehne. Es ist manchmal echt schade, daß man sich so stark auf den Weg konzentrieren muss, da bleibt gar kein Blick mehr für die Umgebung, die wirklich beeindruckend war. Wir kämpften uns dann durch bis zur Gjevilvasshytta. Dort angekommen hatten ich dann eines dieser Erlebnisse, wenn plötzlich alles perfekt läuft und man nur noch lachen kann (kennt ihr das?). Wir kamen rein, die Norweger mit denen wir in der letzten Nacht im Zimmer waren kommen auf uns zu und sagen uns, daß die Sauna in 15 Minuten fertig aufgeheizt ist. Wir zur Kasse, melden uns an, ich frag nach was die Sauna kostet und zack, die ist umsonst. Wie geil ist das. Einfach perfekt, man kommt nach einem feuchten, kalten (an der Hütte waren es 8°, im Gebirge höchstenes 6°) Wandertag an und die Sauna wartet. Ironie des Schicksals: Abends gab es dann noch Rentiergulasch zu Essen... Es folgte ein entspannter Abend am Feuer mit norwegischen Comics und Gesprächen: Was denkt der Deutsche an sich eigentlich über Skandinavien (mir sind so als Klassiker mal gute Schulen, Öl, Seen und Wälder eingefallen), machen wir einen Unterschied zwischen Dänemark, Schweden und Norwegen (ich glaube nicht wirklich), wir fahren bald nach Berlin, was isst man da (Ääääh, Döner und Currywurst?!). Witziger Abend.

Tag 5: Gjevilvasshytta - Festa - Oppdal - Trondheim
Wir hatten Zeit, sind also endlich mal wieder ein wenig liegen geblieben. Allerdings hatte ich meine Angel und die Ausrüstung die ganze Zeit durchs Gebirge geschleppt und war Abends immer zu kaputt um nochmal angeln zu gehen, wollte dies also am Gjevilvassvatnet nachholen. So sind wir langsam (Knie und Archillessehne) zurück Richtung Festa gelaufen. Ich habe mich dann zwischendurch abgeseilt und die Angel ausgepackt. Und tatsächlich, nach einer Stunde Angeln hatte ich 3 schöne Regenbogenforellen erbeutet. Das Abendessen war also schonmal gerettet. Der Weg zurück war dann wenig spektakulär, ab Oppdal sind wir mit dem Bus nach Trondheim und nach dem Verzehr einer Forelle bin in einen Heilungsschlaf gefallen.
Es waren wunderbare fünf Tage in Trollheimen, auch wenn das Wetter nicht immer das Beste war, ich könnte mir vorstellen nur zum Wandern mal zurückzukommen, natürlich nur wenn die Archillessehne sich wieder einkricht.
Die Fotos die nicht im Bericht stehen werde ich dann noch als Album hochladen.
Mittwoch Abend steht dann der nächste Trip an, es geht auf die Lofoten, die vielleicht schönste Ecke Norwegens, man darf gespannt sein.
Bis dahin

Ha det!

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich bin so neidisch... Wenn ich Kohle und Zeit hätte, hättest Du mich auf jeden Fall am Hals, da kannste einen drauf lassen!

Boozen hat gesagt…

Tja, aber so schlecht kann es doch am Kilimandscharo auch nicht gewesen sein. ;)